119. Die Wahrheit
Wie die Wasserhexe so schreit und zertert, empfindet Lisa einen großen Ärger. Arme Anna! Mit solch einer Mutter muss das Leben besonders schwer sein. Wenn sie Anna doch irgendwie
helfen könnte. Kürzlich hat sie in der Schule ein Gedicht gelernt, in dem es um die Wahrheit geht. Wie heißen noch die Worte?
Sprich! Bekenn!
ruft Lisa laut.
Da bleibt die Wasserhexe stocksteif stehen, rollt hilflos mit den Augen und sagt im schleppenden Tonfall:
"Am 14. Juli 2006, einem Freitag, habe ich Annabel in Hirschheim - es war in der Hauptstraße Nummer 13 - von der Familie Weinmann geholt."
Überrascht hören die Kinder die Worte der Hexe.
"14. Juli 2006", wiederholt Anna aufgeregt. "In Hirschheim, Hauptstraße 13, Familie Weinmann." Ihre Stimme überschlägt sich. Dankbar fällt sie ihrer Mutter
um den Hals.
"Schon gut", krächzt die Wasserhexe unwirsch. "Wieso willst du das ausgerechnet jetzt wissen?"
Anna bekommt leuchtende Augen. "Weil wir eine Zeitmaschine haben. Mit der fliege ich in die Vergangenheit."
Da erschrickt die Wasserhexe zutiefst. "Du wirst doch wohl wiederkommen, Annabel?" fragt sie ihre Tochter ängstlich. "Du bist Alles, was ich habe."
Anna lacht auf. "Klar komme ich wieder, Mutter. Ich will ja nur meine Eltern sehen."
"Fliege nicht!" ruft die Wasserhexe besorgt. "Das ist alles Hokuspokus."
"Aber Mutter, Hokuspokus magst du doch!" erwidert Anna trotzig.
Da unterbricht Robin sie. "Die Zeit! Uns fehlt noch die Zeit."
"Stimmt! Um wieviel Uhr war das?" fragt Anna ihre Mutter.
Die Wasserhexe windet sich. "Ist das denn wichtig?"
"Alles ist wichtig!"
"Nun... Es war gegen 21 Uhr. Das Wetter war herrlich. Ein Gewitter tobte."
Die vier Kinder nicken sich zu. Jetzt haben sie alle Informationen, die Nik braucht, um die Koordinaten für einen Flug in die Vergangenheit einzustellen.
Während die Wasserhexe kreischt Bleib hier, Annabel! Es ist sinnlos! Was geschehen ist, ist geschehen! Glaube mir! sagt Anna zu ihrer Mutter: "Noch drei Ferientage, dann komme ich zurück, Mutter."
Zitat aus dem Gedicht: Die Füße im Feuer / Conrad Ferdinand Meyer
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