49. Robin geht durch die Gruft
Wieder sind 10 Minuten verstrichen, und Frau Schlotterbeck ruft fröhlich: "Wer möchte durch die Gruft gehen?"
Diesmal melden sich ihre sechs Kinder. "Wie schön!" lobt sie die Mädchen und Jungen. Und sie fügt heiter hinzu: "Seid ganz unbesorgt. Letztes Jahr hat es geklappt. Warum sollte es dieses Jahr nicht klappen? Nicht wahr?" Sie streicht
allen Kindern aufmunternd über den Kopf, bevor sie die plappernde Kinderschar in die Gruft entlässt.
Robin ist nun der Letzte. Er beißt sich auf die Lippen. Irgendwie hat er ein ungutes Gefühl, das auch nicht weichen will, als Domino an ihm hochspringt und über seine Nase leckt. Guter alter Domino!
Frau Schlotterbeck spürt die Unsicherheit des Jungen. "Die letzten werden die erstens sein", scherzt sie, um ihn aufzumuntern.
Die 10 Minuten sind viel zu schnell um. Kaum hat Robin die unheimliche Totengruft betreten, schlägt ihm das Herz bis zum Hals. Die Gruft ist kaum beleuchtet und so groß wie ein Rittersaal. An den Wänden stehen wuchtige graue Steinsärge. Ganz hinten am Ende der düsteren
Gruft sieht er den Ausgang. Dahinter wartet Herr Schlotterbeck mit den anderen auf ihn. Der Junger fängt an zu rennen.
Plötzlich verstellt ein vornehm gekleideter Vampir ihm den Weg. "Das Passwort?" Ein Paar mitleidslose Augen starren ihn an.
Da Robin hilflos mit den Schultern zuckt, fährt der Vampir streng fort: "Ergänze folgenden Grabspruch: Geliebt und ..." "Wie bitte?" stammelt Robin eingeschüchtert.
"Du hast die Prüfung nicht bestanden", verkündet der Vampir mit Grabesstimme. "Dreh dich um und lies den Spruch auf diesem Sarg dort. Nun, was steht da?" Nervös liest Robin vor:
Geliebt und unvergessen
Hier ruht Graf Brutalus,
großer, mächtiger, edler Fürst,
ehemals Herr von Monsterville,
gerechter, ruhmvoller Richter und Dichter.
Im August, am zwanzigsten Tage,
siebzehnhundertsiebenundachtzig,
verschied seine Person.
"Öffne den Sarg!" befiehlt der Vampir. Es hat keinen Zweck, sich zu sträuben. So langsam wie möglich klappt Robin den steinernen Sargdeckel hoch.
Grabspruch: Geliebt und unvergessen
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