Jimmy Jackpot

3. In der Waschstraße


Meine Eltern sind sehr reich. Wir wohnen in einem großen Einfamilienhaus mit zwei Garagen, und ich habe eine eigene Waschstraße für mich. Das ist voll praktisch! Bin nämlich morgens oft noch müde, wenn mich der Radiowecker aus dem Schlaf reißt.
Meine Eltern haben mich adoptiert, weil sie bei einem Klon-Jungen mit Qualitätsgarantie totsicher sind, dass er immer funktioniert, also gehorsam, fleißig, ordentlich, höflich und pflegeleicht ist. Darauf legen sie enorm viel Wert. Ja, sie hassen Kinder, die lärmen, Senioren nicht grüßen oder ihnen widersprechen, faul, schmutzig, selbstbewußt und frech sind.
Mein Tagesablauf sieht immer gleich aus: pünktlich aufstehen, das dreistufige Pflegeprogramm in der Waschstraße durchlaufen, rechtzeitig zur Bushaltestelle gehen, mit dem Schulbus in die City fahren, am Schulunterricht teilnehmen, mittags zurückfahren, die Schulaufgaben erledigen, den Hausmüll vorsortieren und in drei Mülltonnen entsorgen, eine Stunde Geige spielen, meine Mutter ins Einkaufszentrum begleiten und die schweren Sachen tragen, mich mit meinen Freunden treffen, in den Sportverein gehen, eine Stunde am PC sitzen oder zwei Stunden fernsehen - vielleicht ein Fußballspiel mit meinem Vater anschauen -, danach pünktlich ins Bett.
Wenn so ein Tag um ist, bin ich sehr zufrieden. Ein echter Vorteil ist mein festes Tagesprogramm. Da weiß ich, woran ich bin. Das läßt keine Überraschungen zu.



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