Home Ferien im Monsterland

105. Das Geheimnis des Sarges

Überrascht blicken Herr und Frau Schlotterbeck von ihrem dampfenden, würzig schmeckenden Mottenkugeltee auf. Eben war der Junge noch traurig. Jetzt scheint er völlig verändert und stellt ungewöhnliche Fragen.
"Leider hatten sie noch nicht die Gelegenheit", bedauert Frau Schlotterbeck zutiefst. Ihr Mann fügt hinzu: "Wie kommst du darauf?"
Robin weiß, die Eltern der Vampirkinder legen bei ihrer Erziehung großen Wert auf praktische Übungen. Also schlägt er vor: "Der Sarg im Frachtraum wäre für ein kleines Experiment bestens geeignet. Wir könnten hingehen und den Sargdeckel öffnen."
"Voll krass!" freut sich Theo. Auch Buster grinst begeistert und leckt sich genießerisch die Lippen.
"Kinder, denkt daran, wir sind im Urlaub", ermahnt Herr Schlotterbeck seinen Nachwuchs.
"Ja, Papi!" Anastasia und Franka sehen keinen Grund, nicht brav zu sein. Jack befindet sich in einem Zwiespalt. Eine richtige Leiche? Es fällt ihm schwer, ruhig zu bleiben.
"Bitte, Papi!" bestürmem die sechs Vampirkinder ihre Eltern.
"Still! Nicht so laut!" Ihre Mutter möchte ihnen zwar die Leiche zeigen, jedoch verhindern, dass die anderen Monster es erfahren.
"Nun ja", gibt sich Herr Schlotterbeck geschlagen. "Folgt mir, aber leise!"
Die Geschwister und der Monsterjunge blinzeln sich zu. Ihr Plan klappt. Rasch schließen sie sich der kleinen Gruppe an, die möglichst unauffällig zum Transportraum eilt. Die anderen Monster im U-Boot schauen kurz auf, als die Schlotterbecks an ihren vorüberziehen, wenden sich dann aber wieder ihrem Erfrischungsgetränk oder Gesprächspartnern zu.
Robin kann es kaum erwarten, den Sarg zu öffnen. Er macht sich schreckliche Sorgen. Ob Anna noch lebt? Seine Schwester Lisa drückt ihm die Hand. Sie wollen die Hoffnung nicht aufgeben.
Als erster sieht Robin durch das Fenster in den Transportraum. Dort steht der Sarg. Er ist schmucklos, schwarz und - er glaubt, seinen Augen nicht trauen zu können, - der Deckel steht einen Spalt weit offen. Jemand hat einen Lappen zwischen Deckel und Sargunterteil geklemmt.
Neben ihm schauen Herr und Frau Schlotterbeck durch das Fenster. Dann drängen sich all die kleinen Vampirkinder heran.
"Passt auf! Ich weiß einen Zauberspruch!" verkündet Robin. Laut ruft er:

Sargdeckel, öffne dich!

Wie von Geisterhand bewegt, hebt sich der schwarze Sargdeckel in die Höhe. Die Vampirkinder jubeln vor Freude. Sie schreien: "Ah! und "Oh!". Robin hält die Luft an. Lisa und Kwick hinter ihm blicken angespannt.
Im Sarg liegt ein blondes Mädchen mit rosigen Wangen, das sie hellwach anblickt. Es ist geknebelt und gefesselt. "Anna!" schreit Robin triumphierend.
Entsetzt weicht Frau Schlotterbeck einen Schritt vom Fenster zurück. In ihrem ganzen Leben hat sie sich noch nicht so sehr erschrocken!


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