Brueckelzwergel

Viele, viele Jahre später ...

"Kurtel, du bist auf dem richtigen Weg", urteilte das Brückelzwergel.

Alles wie früher. Seltsam! Das Brückelzwergel ist ganz das alte geblieben.

"Hier unter der Brücke ist alles beim alten geblieben: das Hochwasser stört, die Schwäne brüten wie immer, der Wind kräuselt die Wasseroberfläche wie vor fünfzig Jahren, hin und wieder gibt es eine Wasserleiche. Nur deine Sprache, die habe ich vermisst."

"Die Polen sind sehr gastfreundlich, sie sprechen deutsch mit mir."

"Ja, ja. Deutsch ist wieder gefragt. Der Mensch besteht weit über die Hälfte aus Wasser. Ein Volk ist wie ein Fluss. In einem Fluss gibt es Grundwasser, Regenwasser, Abwasser, Schmelzwasser... Den Augen bleibt dies meistens verborgen. Kleine Flüsse münden in große Flüsse. Die großen Flüsse münden ins Meer. Es kommt auf den Austausch an. Ohne Austausch versickert das Leben. Und Sprache ist Austausch. Freundschaften entstehen. Eine Freundschaft ist wie die Sonne. Ein Fluss, auf den die Sonne scheint, ist etwas Wunderbares."

"Deine Worte gefallen mir."

Sie schwiegen eine Weile und blickten auf die Oder, die in der Frühlingssonne geheimnisvoll glitzerte.

"Ich danke dir, dass du meinen Kinderwunsch erfüllt hast", sagte Kurt.

"Du hast mich gesehen, also wünsche dir was," forderte das Brückelzwergel ihn auf.

Daraufhin antwortete Kurt: "Ich bleibe bei meinem Wunsch."

"Gut gewünscht", sagte das Brückelzwergel und verschwand.