Der Remstal-Räuber

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Am späten Morgen wurde Waldemar von einem ohrenbetäubenden Lärm geweckt. Was war das? Kinderstimmen schallten vom Nachbarhaus herüber. Kindergekreische erklang jenseits der Gartenhecke. Kinderlachen wechselte mit Kindergeplapper ab.
Empört trat Waldemar auf die Terrasse hinaus und ertappte zwei Jungen, die seine Himbeersträucher plünderten. "Was macht ihr da?" brüllte Waldemar aus Leibeskräften. Aber die Obstdiebe grinsten nur frech. Sie hatten die Unverschämtheit, in aller Ruhe die letzten reifen Himbeeren zu pflücken. Erst dann verschwanden sie durch ein Loch in der Hecke.
"Sind das ihre Bälger?" schrie Waldemar über die hohe Hecke. Keine Antwort. Anscheinend war man drüben sehr beschäftigt. Das Lachen und Herumtoben wollte gar nicht mehr aufhören. "Typisch!" brummte Waldemar schlechtgelaunt. "Diese Frau ist das allerletzte!" So ging es den ganzen Tag. Waldemars Laune war immer schlechter geworden. Es fehlte nicht viel und er hätte das erstbeste Kind, das ihm in die Quere kam, fürchterlich angeschrien und mit dem Besen verjagt. Platsch! Ein Fußball krachte in seinen Goldfischteich. Schnaufend fischte Waldemar den Ball aus dem Wasser. Dann marschierte er wutschäumend zum Garten hinaus und bei Frau Fried zum Garten hinein. Dort spielten mindestens zehn Kinder Fangen. Mitten unter ihnen Frau Fried. Waldemar platzte schier vor Ärger der Kragen. "Bin ich in einem Tollhaus?" rief er aufgebracht. Er wollte seiner Nachbarin den Fußball zuwerfen und mit Strafmaßnahmen drohen, doch es kam ganz anders.
Zum ersten Mal sah er Frau Fried aus einem Meter Entfernung. Sie war hübscher, als er dachte. Ihre Augen ähnelten den Augen einer Tigerin. Spontan ergriff er ihre Hand und küßte diese galant.


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