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Waldemars spontaner Handkuss veränderte alles. "Ach, Waldemar!" flötete Margit. "Du bist mir ja einer." Sie klapperte verführerisch mit den grüngeschmikten Augendeckeln. "Wie romantisch!" Und sie bot ihm ein Bier an, das Waldemar nicht ausschlug.
"Das hier sind meine Enkelkinder und ihre Freunde." Stolz wies Margit auf die herumtobende Kinderschar. "Ja, wie viel Enkel hast du denn?" "Fünf", erklärte Margit und lachte. "Heute ist Enkeltag, da dürfen sie alle kommen. Klar, es geht ein bißchen wild zu, aber schließlich sind es Kinder, nicht wahr?"
Waldemar stimmte ihr voll und ganz zu. Seine schlechte Laune war wie weggeblasen. Als ein Junge ihn fragte: "Was gehört dir, aber andere benutzen es häufiger als du?" und er die richtige Antwort wußte, störte ihn plötzlich der Kinderlärm nicht mehr. "Was für schlaue Enkel du hast", sagte er zu seiner Nachbarin.
Seit diesem Tag achtete Waldemar mehr auf sein Aussehen. Er rasierte sich, zog ein frisches Hemd an und stutzte seinen Schnauzbart mit der Schere. Er mähte den Rasen, schnitt die Hecke und leerte täglich seinen Briefkasten.
Auch Margit veränderte sich. Sie ging zum Frisör, trug lange Röcke und lakierte sich die Zehennägel. Sie jätete Unkraut, mähte den Rasen und schnitt die Hecke.
Die Gespräche, die Waldemar und Margit führten, waren tiefsinnig und voller Gefühl. Und es dauerte nicht lange, so konnte sich Waldemar ein Leben ohne seine reizende Nachbarin gar nicht mehr vorstellen.
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