Die Katzenfrau

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Einmal ist der Katzenfrau etwas Unheimliches passiert!

Pünktlich wie die Uhr verlässt Frau Meier, beladen mit zwei vollen Einkaufstaschen am Spätnachmittag ihre Wohung in der Mühlbachstraße. Mit gleichmäßigen Schritten geht sie den schmalen Feldweg an der Kelter vorbei in Richtung Bundesstraße. Da sie im Alter einer Oma ist, leicht gebeugt geht und meistens ein Kopftuch trägt, sieht sie vor allem bei beginnender Dunkelheit wie eine Hexe aus. Aber dieser Eindruck täuscht! Das Ziel ihres täglichen Weges sind die heimatlosen Katzen, die draußen in den Gärten leben und ungeduldig auf sie warten.

Sieh mal die unheimliche Frau da! Man denkt, da geht eine Hexe!

In Frau Meiers vollpepackten Taschen befinden sich zwei Thermosflaschen mit warmer verdünnter Milch und Katzenfutterdosen für ihre kleinen Lieblinge. Sie hat all den wilden Katzen Namen gegeben. Manche sind sehr scheu, andere zutraulich, wenige angriffslustig.

"Miezi? Minka? Ricky?"

"Miau, miau, miau."

"Na, wo ist denn Mucki und MacFloppi?"

Schlimm ist es, wenn eine Katzenmutter ihre Jungen mitbringt. Die armen kleinen Dinger sind halbverhungert und manche kränkeln. Frau Meier päppelt sie auf. Manchmal geht so ein Kätzchen ein. Das stimmt Frau Meier traurig.

Den Nachbarn ist Frau Meiers Fürsorge für die Katzen nicht verborgen geblieben, und so heißt sie im Ort die Katzenfrau.

Miau, miau, miau!

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